Life, music, sports and the rest of the world

Beiträge mit Schlagwort “Pepe Lienhard

Udo Jürgens startet neue Tour: „Mitten im Leben“

Ihr Lieben,

im Herbst 2014 werden für mich wieder Feiertage anstehen. Udo Jürgens wird wieder „auf Tour“ gehen – das hat jetzt sein Management bestätigt und zugleich die Termine bekanntgegeben. 22 Konzerte plus 4 Vorkonzerte stehen auf dem Programm. Natürlich ist das nicht mehr das Pensum, das der Künstler zu Hoch-Zeiten in den vergangenen Jahrzehnten absolviert hat. Aber man muss ja schließlich auch bedenken, dass er am 30. September einen ausgesprochen runden Geburtstag feiern und dann als ACHTZIGJÄHRIGER vor sein Publikum treten wird.

Mit 80 Jahren wird sich also Udo den Stress einer solchen Tournee noch einmal zumuten. Für mich keine Überraschung, hat mir doch sein Tourmanager schon kurz nach der vergangenen Tour leise geflüstert, dass jetzt schon mit den Vorbereitungen für die nächste Tournee begonnen werden muss. Und, wer den Künstler in den vergangenen Jahrzehnten so intensiv verfolgt hat wie ich, der ist nun wirklich nicht erstaunt darüber, dass er noch einmal „on the road“ gehen wird. Ich glaube sogar, dass es nicht das letzte Mal sein wird, denn im Frühjahr 2015 könnte man ja – rein theoretisch natürlich nur – eine kleine Tournee mit ein paar Wiederholungskonzerten einstreuen und vielleicht auch noch ein paar „Lieblingshallen“ des Künstlers berücksichtigen, die im Herbst zunächst nicht auf dem Plan stehen. Ich denke da zum Beispiel an die Dortmunder Westfalenhalle, wo Udo in den vergangenen Jahrzehnten große Triumphe feierte und nach eigener Aussage immer ausgesprochen gerne spielte…Zukunftsmusik, ich weiß.

Wichtig ist aber erstmal, dass Udo Jürgens in den nächsten Monaten gesund bleibt. Im März legt er sein neues Album vor, bei dem nach eigener Aussage „sehr „ausgeruhte“ Lieder entstanden sind, die für mich von vorne bis hinten stimmen, sodass ich mich sehr darauf freue sie meinem Publikum live auf der Bühne vorstellen zu können. Ich glaube, mir sind da ein paar ganz ungewöhnliche Songs mit ungewöhnlichen Texten auf der Höhe der Zeit gelungen, die sich auf eine humorvolle Art und Weise mit Themen der aktuellen Gegenwart befassen.“ (Quelle: Pressemitteilung United Promoters AG)

Man darf also gespannt sein. Zum einen auf sein neues Album und natürlich auch auf die Tournee. „Mitten im Leben“ ist ein schönes Motto, auch wenn ein kleiner Schmunzler natürlich unumgänglich ist, wenn ein Achtzigjähriger davon spricht, noch derart mit beiden Beinen im Leben zu stehen. Aber auf Udo Jürgens trifft das zu. Wer ihn jemals live auf der Bühne erlebt hat, spürt, dass dort jemand ist, der noch vor Energie und Kraft strahlt. Für ihn bedeutet die Bühne eine Art „Lebenselixier“ – die Rückmeldung der Fans gibt ihm neue Kraft und zwingt ihn wohl auch dazu, bei jedem Konzert alles aus sich herausholen zu wollen. Dass das nicht mehr ganz so geht wie früher, hat auch er schon längst bemerkt. Aber ihm ist es im Zusammenspiel mit dem Orchester Pepe Lienhard und in der Konzertplanung in den vergangenen Jahren gelungen, darauf Rücksicht zu nehmen. Durch längere Soli und Orchesterparts bekommt der Künstler seine kleinen Ruhepausen, die seine Bühnenpräsenz allerdings keineswegs schmälern. Und die Orchestersolisten sind ohnehin echte Hinhörer und haben ihre Parts mehr als verdient – das wird im Herbst 2014 nicht anders sein. Sicher wird die russische Violinistin Asya Sorshneva wieder mit von der Partie sein, die ja schon im Rahmen der Tournee vor zwei Jahren das Publikum begeistern konnte.

Fazit: Ich freue mich sehr darauf, Udo Jürgens wieder auf der Bühne sehen zu dürfen. So viele Jahre habe ich ihn jetzt begleitet, wobei er mir so viele tolle Konzerte und einige ganz spezielle Augenblicke beschert hat. Kein einziges Konzert möchte ich missen und ich weiß manches sehr zu schätzen, was in den vergangenen Jahren passiert ist und worüber ich hier nicht viel schreiben werde. Allerdings habe ich dadurch einen ganz guten Einblick hinter die Kulissen gewinnen können. Und der hat mir gezeigt, dass Udo Jürgens ein Vollprofi ist, der einen hohen Anspruch an sich selber hat und dem um jeden Preis gerecht werden möchte. In vielen Bereichen ein echter Künstler, eine sehr sensible Seele, ein Perfektionist. Ich freue mich auf 2014 und liefere Euch jetzt als kleinen Vorgeschmack noch einmal „Am Ufer“ aus der 2012-Tournee.

Viele Grüße,

Euer Tomtom


Der Wahnsinn in Jürgens – Udo Jürgens on Tour 2012

Ihr Lieben,

das Wichtigste vorab: Die Tournee von Udo Jürgens ist zu Ende. Mit dem Konzert in Berlin ging am Samstag die Fortsetzung der Konzerte über die Ziellinie und endete mit einem überwältigenden Auftritt des unvergleichlichen Künstlers. Ich will gar nicht lange auf das Konzert eingehen – nur ein paar Punkte: Nach den Ereignissen von Braunschweig und Leipzig, wo sich wieder einmal sogenannte „Fans“ nicht zu benehmen in der Lage sahen, war das Konzert in Berlin von der ersten bis zur letzten Minute einfach nur schön. Schon die Tatsache, dass sich die riesengroße O2-World fast bis unters Dach und damit beinahe komplett füllte, ließ mich strahlen, denn nach dem Verlauf der Herbstkonzerte hatte ich schon ein wenig Bedenken. Viele Konzerte waren eben nicht annähernd ausverkauft, was sicher viele Ursachen hat. Die Hauptursache sehe ich darin, dass die Menschen einfach nicht mehr das Geld unterm Kopfkissen haben, um mehrfach Konzerte in dieser Größenordnung und Preisklasse zu besuchen. Und daher war es erfreulich – sicher auch für Udo Jürgens selbst – dass gerade das letzte Konzert der Tournee diesen tollen Zuspruch fand.

Wir saßen auf Höhe der Bühne und konnten so von oben seitlich schon vor Beginn des Konzertes und hinter geschlossenem Vorhang sehen, was sich „on stage“ so tat. Die Musiker bereiteten sich auf den Konzertbeginn vor, manche stimmten noch einmal ihre Instrumente oder spielten sich warm. Udo Jürgens war kurz zu sehen, wie er die Treppe zur Bühne erklomm und die erste Geige, Asya Sorshneva, betrat – Ehre, wem Ehre gebührt offenbar – als letzte Musikerin des Orchesters die Bühne. Dann ging es los, wie gewohnt und wie auch von mir hier schon mehrfach erwähnt. Die Liedfolge hat sich nicht geändert in der „Rückrunde“, warum auch ? Das Konzert „passte“, war rund und daher hatte es wohl für Änderungen im Vergleich zum Frühjahr keinen Anlass gegeben.

Schon außen an den Türen zur Arena war auf eine Videoaufzeichnung des Konzertes hingewiesen worden. Das hatte uns sehr gewundert, denn es war eigentlich laut Udo-Management keine DVD-Aufzeichnung des Konzertes geplant gewesen. Auf der Bühne waren dann auch Kameras zu sehen. Das Konzert wurde also mitgeschnitten – was das Management mit den Aufzeichnungen plant, bleibt abzuwarten. Diverse Fans bilden sich nun wieder ein, ihr Protest hätte dazu geführt, dass in Zürich ein wundersamer Meinungswandel eingetreten sei. Wie heißt noch gleich das Udo-Lied, das er für Alexandra komponiert hatte ? „Illusionen“…

Das Konzert war großartig – es war in der Tat der „Wahnsinn in Jürgens“. Was dieser Mann mit seinen 78 Jahren im Rahmen dieser Tournee wieder einmal geleistet hat, ist sensationell. Wenn man dazu noch bedenkt, dass er im Frühjahr von einer Grippe geschwächt in die Tournee eingestiegen war (und ja auch einige Konzerte verschieben musste) und ihn jetzt im Herbst eine schwere Magen-Darmgrippe erwischt hatte, dann kann man vor der Bühnenleistung wirklich nur den Hut ziehen. Künstlerisch ist das Konzert eh außerhalb jeder Diskussion auf einem Weltklasse-Niveau. Udo wurde wieder einmal getragen von seinem immer loyalen Wegbegleiter Pepe Lienhard und seiner Band. Die Jungs und Mädels haben einen Dampf auf der Pfanne, dass es eine Wonne ist, zuzuschauen und zuzuhören. Das Zusammenspiel mit Udo ist fast blind, man ergänzt sich, man profitiert voneinander. Es ist eine hoch-professionelle Zusammenarbeit, die funktioniert wie ein Schweizer Uhrwerk.

Zu Asya Sorshneva habe ich schon im Frühjahr eine Menge geschrieben. Sie hat jetzt bei den Herbst-Konzerten den hervorragenden Eindruck aus dem Frühjahr bestätigt und offenbar hat die Zusammenarbeit so gut funktioniert, dass sie auch in Zukunft wieder auftauchen wird. Vielleicht ja schon zu einer Solo-Tournee im nächsten Jahr und dann zu „Udo 80“ anno 2014. So weit muss man schließlich denken und ich bin mir sicher, dass die Planungen in dieser Richtung auch längst angelaufen sind – anlaufen müssen. In der Berliner O2-World hing ein Plakat, das Andre Rieu für 2014 ankündigte – mit genauem Termin. Das sagt wohl alles über die Vorplanungs-Zeit von Tourneen heutzutage. Freuen wir uns also auf das, was da noch kommen mag. Ich jedenfalls versuche, jegliche Melancholie und Traurigkeit über die jetzt anstehende „udo-lose“ Zeit mit der Vorfreude auf die Zukunft zu vertreiben. Udo macht einen fitten Eindruck, er plant viele Dinge, viele Projekte, kommt aus der Arbeit kaum raus und das scheint „jung“ zu halten. Ich glaube jedenfalls nicht, dass ich mit 78 noch in der Lage wäre, 3 Stunden über die Bühnen dieser Welt zu hüpfen.

Noch etwas zu den Pappnasen im Udo-Volk. Was ich von den Leuten halte, die Udo während der Konzerte Dinge zugröhlen, die einen viel zu frühen Bühnensturm anzetteln und sich schlicht daneben benehmen, sollte jeder inzwischen wissen, der hier aufmerksam mitliest. Ich verachte diese Leute zutiefst. Gleiches gilt für den Clan, der ein Konzert mehr besucht hat als Udo Jürgens selbst, der in Hotels von Künstler oder Orchester „rein zufällig“ auftaucht, sich so kleidet wie Udo, mit Bademänteln durch die Konzerthallen kriecht oder anderweitig einfach nur nervt – vor allem den Künstler selbst. Ihr müsst Euch echt nicht wundern, denn wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Ich könnte zu Euch in diesem Zusammenhang jetzt noch etwas mehr schreiben – allein mir fehlt die Lust…

Wisst Ihr, was mich an diesen Leuten am meisten stört ? Es ist diese Rücksichtslosigkeit, die es früher bei Udo-Jürgens-Konzerten nicht gegeben hat. Früher hat man sich gegenseitig geachtet. Das galt nicht nur für die Beziehung Publikum-Künstler, sondern auch für die Zuschauer im Publikum untereinander. Heute ist jeder Respekt, jede Achtung, jede Rücksichtnahme bei einigen total verlorengegangen. Die wollen nur noch ihr persönliches Event haben, ohne Rücksicht auf Verluste. Da wird sich während der Lieder in einer unzumutbaren Lautstärke unterhalten, da werden Dinge nach vorne gebrüllt, da wird auf Teufel komm raus gestürmt – Hauptsache, man selber hat einen tollen Abend.

Wahrscheinlich ist dieser Wandel ein Abbild der Entwicklung in unserer Gesellschaft und ganz normal. Ich finde es aber schade, denn ich empfand die Zuschauer bei Udo-Jürgens-Konzerten immer als ganz besonders rücksichtsvoll, als Menschen, die das umzusetzen versuchten, was an Worten von der Bühne kam. „Lasst uns gemeinsam auf die Reise gehen…“ – leider ist das für manche Idioten in den Hallen nur noch loses Gelaber und nicht mehr Programm. Ich finde das ausgesprochen schade und bedauere diese Entwicklung zutiefst. Nur ein Beispiel: In Leipzig saßen schräg hinter uns 3 Tussis oder besser Schreckschrauben, die während des Konzertes laut miteinander redeten, schief mitgröhlten und sich einfach nur daneben benommen haben. UNS hat das schon gestört, aber ein älteres Ehepaar saß direkt neben diesen Störern. Wir haben uns in der Pause mit dem Ehepaar unterhalten und ihnen angeboten, sich neben uns zu setzen oder gemeinsam mit einer Beschwerde zu den Ordnern zu gehen. Sie sagten traurig, „kann man nichts machen – da haben wir einfach Pech gehabt.“ Ja, haben sie – und vorher hatten sie sich monatelang auf diesen einen Abend gefreut. Ein Abend, der von 3 verzogenen Individuen zerstört worden ist. Udo wurde ja an der Bühne dann auch noch gestört und genervt. Ich finde dieses Verhalten von sogenannten Udo-Jürgens-Fans einfach nur ätzend und hoffe, dass mit dem „Geist von Berlin“ ja vielleicht in Zukunft noch einmal ein Wandel zum Besseren machbar ist. Alleine mir fehlt der Glaube daran. Denn zu Wandlungsfähigkeit gehören Einsicht und Intelligenz….

Sehr erfreulich ist allerdings, dass die „normalen“ Udo-Freunde offenbar weiter in der Überzahl sind, wie Berlin sehr deutlich zeigte. Berlin hat Udo Jürgens gefeiert, mit großem Respekt, mit großer Freude, mit Begeisterung und mit einer Magie, die ich bisher nur in einem Udo-Jürgens-Konzert erlebt habe. Ich bin nun wirklich keiner, der sehr leicht zu Tränen zu rühren ist, aber als sich Udo zum Ende des Konzertes und vor den Bademantel-Zugaben bei seinem Publikum bedankte für DIESEN Abend, da war diese Mischung wieder da…man ist ergriffen, man fühlt selber ein großes Glücksgefühl und große Dankbarkeit dafür, diesen Zauberer der Töne erlebt haben zu dürfen. Und natürlich ertappt man sich auch dabei, ein wenig in Melancholie abzudriften, denn man weiß ja nie, ob es nicht doch das letzte Konzert gewesen ist.

Jedenfalls empfinde  ich ein großes Gefühl der Dankbarkeit, denn dieser Mensch dort vorne hat mich noch nie enttäuscht. In all den Jahren und in den vielen Konzerten, die ich live von ihm gesehen habe. Neben seiner musikalischen Genialität, neben seiner Bühenpräsenz, habe ich immer gespürt, „er versucht wirklich, alles zu geben“, auch wenn die Tagesform vielleicht mal nicht so war, wie er sie sich selbst gewünscht hätte. Aber diese Selbstdisziplin, auch mal zu kämpfen, wenn man selber spürt, dass es vielleicht an diesem Abend schwerer fällt als sonst – all das ist so vorbildlich und spürbar bei diesem Helden der Musik. Ein Held der Musik und sicherlich auch ein Held meines eigenen Lebens, denn in dem hat er eine große Rolle gespielt. Und das wird er weiter tun. Ich verbeuge mich in Dankbarkeit vor einem ganz Großen.


Udo Jürgens in Wien – Oktoberorkan in der Stadthalle

Ihr Lieben,

Udo Jürgens Ende Oktober in Wien – das war einer dieser Abende, die man nicht vergisst und bei denen man wieder einmal vor Augen geführt bekommt, welch großartigen Künstler man da seit so vielen Jahren mit Interesse und Begeisterung verfolgt. Es war so wahnsinnig schön, dass wieder mehr als 11.000 Menschen die Wiener Stadthalle füllten. Der Meister war von Beginn an wieder deutlich fitter als noch am Samstag in München. Sicher war er noch nicht bei 100 Prozent. Wie auch bei DER Belastung von 5 Konzerten in den vergangenen 6 Tagen ? Jeder spürte aber von Beginn an, was ihm dieses Heimspiel in Wien wieder einmal bedeutete. Entsprechend gut gelaunt sang und plauderte er, ließ sich von einer wie immer überragenden Band treiben. Der erste Teil großartig mit dem emotionalen Höhepunkt, als er lange nach dem Tour-Titelsong „Der ganz normale Wahnsinn“ vom Klavier aufstand und dann wortlos am Bühnenrand stehenblieb. Der zunächst stürmische dann kurz unsichere Applaus ging letztlich über in einen regelrechten Beifalls-Tsunami. Der Künstler war spürbar gerührt, sehr bewegt und machte dann nach kurzer Weile weiter. Der Filmmusik-Teil unmittelbar im Anschluss rundete mit emotionalen Bildern, großartiger Orchester-Musik und den Soli von Asya Sorshneva an der Violine („Rudis Thema“ alleine ist schon der Hammer) den ersten Teil ab…minutenlanger Beifall. Auch für die überzeugende Russin an der Violine.
Was er dann im zweiten Teil veranstaltete, war Wahnsinn. Er führte die Fans von einem Begeisterungssturm zum nächsten Orkan und gab immer weiter Gas. Der Mann ist 78 und geschwächt durch eine Magen-Darmgrippe, aber Schonung kennt der Meister in diesen Momenten nicht. Und zwischendurch gabs auch mal Außergewöhnliches: Als er im Publikum ein Plakat entdeckte, blieb er plötzlich stehen und stoppte das Händeschütteln am Bühnenrand. Er las das Plakat und fragte, ob diese Fans tatsächlich für dieses Konzert aus Jordanien (!!!) angereist waren. Über das Mikro waren die Weitgereisten gut zu hören und Udo war spürbar beeindruckt. „Die Welt ist derzeit in einer spannenden Phase. Es ist gut, in dieser Zeit zu leben und das ist das beste Beispiel dafür, dass wir es gemeinsam gegen alle Widerstände schaffen können“, sagte Udo. Das Plakat fand einen Platz auf dem Klavier…wie auch offensichtlich selbst- gemalte Bilder der Gäste aus Jordanien, die er bei einer späteren Händeschüttel-Runde dort noch mit einem Grinsen abgriff.
Als er nach 3 Stunden auf die Zielgerade eingebogen war, mit „Noch einmal 25“ das letzte offizielle Lied des Programms gespielt hatte, verschwand er auffällig euphorisch tänzelnd von der Bühne. Sekunden später kam er unter ohrenbetäubendem Beifall wieder, verabschiedete die Band von der Bühne und erschien dann im Bademantel für die Zugaben. Zuerst das normale Programm von „Merci Cherie“ über „Vielen Dank für die Blumen“, „Griechischer Wein“ bis „Liebe ohne Leiden“. Da geht er dann normalerweise mit dem „Dupdidup“ winkend ab und animiert die Fans zum Alleinesingen. In Wien ist aber klar, dass noch ein Lied fehlte: „Wien“, seine Hymne an die Stadt.
„…ja, selbst wenn wir tausend Jahre leben bleiben
und ich hätt jedes Wort der Welt parat,
ich könnte die Gefühle nie beschreiben für Dich und diese Stadt.“
Das Lied endet dann in einem langgezogenen „Wien“ und genau diese Gefühle für diese Stadt, die Menschen dort und seine eigene Geschichte konnten wir an diesem Abend wieder einmal 3 Stunden spüren. Ein großartiger Abend…was für eine grandiose Bühnenleistung.


Nach der Tour ist vor der Tour – Udo Jürgens macht Pause

Montag, 26. März 2012, 22 Uhr 54, Berlin O2-World, ein letztes Mal dreht sich Udo Jürgens am hinteren Ende der Bühne zu seinem Publikum um und blickt zurück. 35 Konzerte liegen jetzt hinter ihm, ein schwieriger Start Anfang Februar und eine triumphale Fortsetzung danach bis zum Schluss. Nach diesem letzten Konzert ist er nun kurz davor, hinter der Bühne zu verschwinden, will aber offenbar noch einmal einen letzten Blick auf die jubelnde Menge werfen. Er dreht sich um und schaut ins weite Rund – nach einem letzten intensiven Winker verschwindet er. Rund 11.000 Menschen in der ausverkauften Berliner-Megahalle, die meisten stehen, klatschen, rufen immer noch nach „Zugabe“. Aber die hatte er gerade im Bademantel schon gegeben. Und sogar mehr als das.

Normalerweise beendet er seine Zugaben mit dem Oldie „Liebe ohne Leiden“ und geht dann von der Bühne, während er seine Zuschauer singen lässt und vielleicht noch ein wenig dirigiert…“dudududududuuu – dudu – dududududuuu – dudu – dududududuuu – dudu – dududuuuuu“. Danach kommt er dann normalerweise zwar noch einmal auf die Bühne, aber nur um die vielen Blumen auf seinem Flügel aufzusammeln und noch einmal einigen jubelnden Menschen am Bühnenrand in Dankbarkeit die Hand zu schütteln. Aber dieses Mal bleibt er dann doch mit den Blumen in der Hand noch einmal vor dem schwarzen Flügel stehen und verharrt einen Moment, vielleicht mit Gedanken wie „doch noch ein Lied – welches – eigentlich haben sie es verdient – und gerade heute“. Also legt Udo Jürgens die Blumen wieder auf dem Klavier ab,  setzt sich unter dem Jubel der Fans noch ein letztes Mal an sein Klavier und stimmt noch den Song „Platz an der Sonne“ kurz an. Die Fans dankten es ihm noch minutenlang.

Es war eine anstrengende Tournee für den 77-Jährigen. 35 Konzerte und ausgerechnet zum geplanten Tourneestart hatte ihn eine „Mega-Erkältung“ erwischt. An einem Samstag Ende Januar stand er bei einem Vorkonzert in Zwickau auf der Bühne und merkte im zweiten Konzertteil, „nein, es geht nicht mehr“. Da halfen weder der alt-bewährte Lindenblütentee noch alle Tricks, auf die er sonst bei Heiserkeit dank seiner langen Bühnenerfahrung immer mal wieder zurückgegriffen hatte. Die Stimme krächzte einfach nur noch, der Hals tat weh. Außerdem fühlte er sich schwach, abgespannt, kaputt, krank, müde. Wie man sich eben so fühlt, wenn man stark erkältet ist.

Er signalisierte zwei Lieder vor Ende des offiziellen Programms seinem Bandleader Pepe Lienhard, dass es keinen Sinn mehr macht, er keinen Ton mehr rausbekommt, zeigte es seinen Fans an, entschuldigte sich und verschwand hinter der Bühne. Es folgten heftige Arbeiten und Diskussionen im Hintergrund: Der am Tag danach geplante nächste Vorkonzert-Auftritt in Suhl wurde kurzfristig abgesagt und auch an einen planmäßigen Tourstart am darauffolgenden Mittwoch war nicht zu denken. Alles musste um-organisiert werden, neue Termine für die ausgefallenen Konzerte mussten her, denn ein Udo Jürgens sagt kein Konzert ersatzlos ab. Er hatte zuvor überhaupt noch nie seinetwegen ein Konzert ausfallen lassen müssen – noch nie in seiner langen Laufbahn war ihm das passiert. Die ersten Konzerte in Berlin, Magdeburg und Hannover wurden schnell auf neue Termine verschoben – bis zum neuen offiziellen Tourstart in der Arena Köln hatte der Sänger nun eine Woche Zeit. Er ging nach Zürich, ließ sich in der Klinik seines Vertrauens behandeln und erholte sich schnell. So schnell, dass er den Termin „Köln“ einhalten konnte und schon dort wieder sein Publikum begeisterte.

Jeder weiß, dass Sänger immer ein kleines Weilchen brauchen, bis sie ein neues Programm zu 100 Prozent im Griff haben. Bis es rund ist, bis es mit dem Orchester auch wirklich eingespielt ist. Trotz vorheriger Proben und Vorkonzerte braucht das Zeit. Aber es lief von Tag zu Tag besser und Udo Jürgens schien immer zufriedener. Die Stimme saß, die Texte passten, die Dramaturgie funktionierte so, wie er sich das vorgestellt hatte. Die Solisten begeisterten ihn, er spürte die positiven Reaktionen des Publikums, las sicher auch die überwältigenden Zeitungskritiken. Und natürlich freute sich Udo Jürgens auch über die fast durchweg ausverkauften Häuser.

Meine persönliche „Udo-Tour“ begann in München – ich hatte Euch schon davon berichtet. Über Leipzig ging es nach Wien, Hannover und selbstverständlich war ich auch zum Abschluss-Konzert in Berlin mit dabei. Über meine Gefühle bei den Konzerten in München und Leipzig hatte ich schon eine Menge geschrieben. Jetzt möchte ich Euch noch meine drei Sieger und drei Verlierer dieser Tournee vorstellen:

Fangen wir mit den Siegern an. Udo Jürgens ist fraglos DER Sieger. Was dieser Mensch da wieder einmal auf der Bühne geleistet hat, war sensationell. Die Show ist auf einem Top-Niveau, seine Stimme ist grandios, die Lieder präsentiert er mal hoch konzentriert, mal locker-flockig, mal im Swing-Entertainer-Stil, dann wieder sehr ernst. Entertainer und seriöser Konzertmusiker, Jazzer und Klassiker (im wahrsten Sinne des Wortes), aber manchmal eben auch ein 77 Jahre weiser Mann, der seine Erfahrungen an die jüngeren und älteren Lauscher weitergeben möchte. „Lebt ab heute, denn heute beginnt der Rest Eures Lebens“ oder „Die Liebe ist das stärkste Gefühl, zu dem wir Menschen fähig sind – und nur sie besiegt den Hass“ oder auch „Fliegt gegen den Wind, denn Rückenwind beschleunigt zwar, aber nur Gegenwind bringt weiter“ hören wir von ihm und nicken brav. Er hat ja mit manchen Dingen recht und ich sehe solche Worte nicht als altkluges Gerede, sondern als Lebenserfahrung, die ich oft teile. Ob man sie wirklich umsetzen kann, überlegte ich mir manchmal danach und dachte mir, „nein, Udo, es geht nicht immer – Du sagst das mit dem Ego eines erfolgreichen Sängers, aber das kann nicht jeder einfach so.“ Diskussionswürdig und trotzdem authentisch. Eines der Geheimnisse seines Erfolges: seine Authentizität.

Melancholie, Pathos und tiefe Dankbarkeit begleiten ihn immer während seiner Konzerte. Auch das hat nichts mit seinen 77 Jahren zu tun, sondern war schon so vor 25 Jahren, als ich meine ersten Udo-Konzerte erlebt hatte. Was heute ein Lied wie „Am Ufer“ gegen Ende des Konzertes ist, waren damals „Da Capo“ oder „Deinetwegen“. Er weiß, dass das gut ankommt, er weiß, dass seine Zuhörer an seinen Lippen hängen und nach solchen Momenten lechzen. Wenn er zum Beispiel, wie direkt zu Beginn des Abends, sagt, dass seine Konzertbesucher ihm einen Traum geschenkt und erfüllt haben. Dadurch nämlich, dass er in diesem Alter immer noch in derart großen Hallen spielen darf, vor ausverkauften Häusern. Das hätte er sich früher nie träumen lassen in seinen Anfängen als Sänger in Bars und Clubs…mit dem Teller für eine kleine Spende auf dem Klavier, mit der er sich damals ein Abendessen oder wenigstens eine Mahlzeit verdient hatte. Er hatte viel Glück in seinem Musikerleben – das weiß er und die Dankbarkeit zeigt er immer wieder überzeugend und glaubwürdig. Man nimmt ihm ab, was er sagt. Und natürlich sind auch diese melancholischen Augenblicke „udo-like“, wenn er gegen Ende der Konzerte zwischen den Hit-Medleys nachdenkliche Lieder einstreut, um zu zeigen, dass es sich dem Ende entgegenneigt. Dass der Abschied kommt, der aber auch immer ein neuer Anfang ist, denn „wir sehen uns wieder.“

Udo Jürgens zeigte in den Konzerten, die ich selber gesehen habe, kaum eine Schwäche. Fit, gut gelaunt, hoch konzentriert, manchmal gelöst, in seltenen Momenten auch übermütig (Beispiel: ein kleiner Junge überreicht ihm in Hannover am Bühnenrand eine Rose und Udo sagt ihm „grüß Deine Mutter von mir“), aber in den passenden Momenten eben auch ernst. Was Udo Jürgens immer ausgezeichnet hat, ist 100 prozentige Professionalität. Er hat immer auf der Bühne das gegeben, was an dem Abend machbar war – das Bestmögliche für seinen Zuhörer. Und ich habe auch den Eindruck, dass er selber an diesem ersten Teil der Tour Freude hatte. Und das ist mir inzwischen aus verschiedenen Gründen ungemein wichtig.

Der zweite Sieger der Tournee ist für mich Pepe Lienhard. Was er mit seinem Orchester da wieder gezaubert hat, war großartig. Ich denke, als Bandleader ist ER zuständig für die Zusammenstellung der Band. Und auch bei den Arrangements wird Lienhard ein Wörtchen mitsprechen. Er hat dabei immer ein gutes Händchen bewiesen – schon in den vergangenen 37 Jahren der Zusammenarbeit mit Udo Jürgens, aber auch bei dieser Tournee. Die Solisten funktionieren großartig, der Background-Chor „The Voices“ war ein gutes Experiment – das gemeinsame Lied mit Udo „Come fly with me“/“Flieg mit mir“ war mal eine neue Klangfarbe. Ob man das in dieser Form wiederholen sollte, stelle ich mal zur Diskussion. Ich fand den Chor gut, aber ich fand es jetzt auch nicht derart überwältigend, dass ich sagen müsste, ich bräuchte diese Gruppe jetzt immer. Dazu waren in den vergangenen Jahren Background-Leute wie Kent Stetler, Natascha Wright, Dorothea Lorene oder auch Stevie Woods zu gut, zu überzeugend, zu sehr auch schon in der Udo-Familie.

Pepe Lienhard hat aber als Bandleader noch eine ganz besondere Funktion seit vielen Jahren. Er ist in meinen Augen der Mensch, der auf der Bühne alle Fäden zusammenhält. Es ist schon sehr interessant, ihn mal während eines Konzertes für eine Weile zu beobachten. Er lässt Udo Jürgens kaum mal aus den Augen, weiß ganz genau, was er wann zu tun hat. Und für den Fall, dass Udo mal einen Durchhänger hat, mal nicht weiterkommt, Pepe weiß Rat und sorgt dafür, dass der Meister wieder reinkommt.

Das macht Pepe Lienhard mit Udo nun schon seit so vielen Jahren. Ein eingespieltes Team, zwei Musiker, die sich auch spürbar mögen. Und sie scheinen sich blind zu verstehen – zwei Vollprofis, zwei beliebte Musiker, bei denen man spürt, dass sie ehrliche Arbeit abliefern wollen.

Die Band ist für mich dritter Sieger. Und stellvertretend für alle Solisten möchte ich noch einmal Asya Sorshneva an der Violine herausheben. Russin, gewann schon viele Nachwuchspreise und Udo Jürgens prophezeit ihr eine große Karriere. Ich weiß, das habe ich alles schon in meinem ersten und sehr oft angeklickten (vielen Dank !) Eintrag zur aktuellen Tour geschrieben. Was ich noch nicht erwähnte, ist ein spezielles Erlebnis, das ich beim letzten Konzert in Berlin hatte. Neben mir saß eine Familie mit 3 Generationen. Von Enkelin bis Oma…alle Udo-Fans durch und durch. Sie erzählten mir vor dem Konzert, dass sie aus dem Osten Berlins kommen. Früher war die Oma im Friedrichstadtpalast, als Udo dort 1987 auftrat und sie über 35 Ecken und Beziehungen Tickets bekommen hatte. „Udo ist unser Leben“, sagt sie mit einem Funkeln in den Augen. „Und selbst meine Enkelin hört ihn jetzt schon – freiwillig.“ Jedenfalls lauschte die Familie neben mir 3 Stunden lang wie gebannt.

Aber, als Asya Sorshneva im ersten Teil ihre Soli hatte (bei „Glut und Eis“ und bei der Filmmusik-Zusammenstellung „Der Mann mit dem Fagott“), da tat sich dann doch etwas Besonderes. Oma zückte nämlich bei „Rudis Thema“ im „Fagott“ ihre Taschentücher. Auch mir stockte der Atem, denn Asya Sorshneva spielte dieses Violinen-Solo wirklich mit einem Gefühl, mit einer Intensität – es war der Wahnsinn. Und Oma neben mir weinte und lächelte dabei. „So schön“, sagte sie mir in der Pause…

Udo Jürgens lobte eigentlich alle Solisten während des Konzertes, aber für die junge Russin fand er bemerkenswert viele Worte während der Tour. Ich werde ihre Karriere sicher weiter verfolgen und bin gespannt, ob Udo diese wunderbare Musikerin auch für die Fortsetzung im Herbst wieder ins Team holen kann.

Ganz kurz noch die drei Verlierer der Tour aus meiner Sicht, denn ein wenig Kritik muss auch sein. Erste Verlierer sind für mich die Ordner, die nach den Konzerten die Menschen fast mit Gewalt aus den Hallen drängten. Ich habe das einige Male beobachtet (München und Hannover waren da extrem negativ, unfreundlich und fast aggressiv) und es hat mich sehr gestört. Ich möchte das zu erklären versuchen: Bis zu dieser aktuellen Tournee ist Udo Jürgens nach den Konzerten immer noch einmal zur Bühne gekommen, um Autogramme zu geben und auch noch einmal ein „Danke“ an die noch wartenden Fans zu rufen. Mir war das nie wichtig, aber es war immer etwas Besonderes, eine Geste. Etwas, was nicht alle machen und womit sich Udo auch wieder abhob von der breiten 08/15-Künstlermasse.

Ich hatte zwar immer die Meinung, dass Udo das meinetwegen nicht mehr machen muss. Zu hoch ist doch dabei die Erkältungsgefahr. Jedenfalls hätte ich verstanden, wenn Udo auch das beendet hätte – wie die Pausen-Empfänge, die er sich ja auch jahrzehntelang noch zugemutet hat, um irgendwelchen manchmal auch noch betrunkenen VIP-Pappnasen in der Konzertpause beim Sekt die Hand zu schütteln und eine kurze Rede zu halten. Diesen reinen Kommerz-Unsinn (so ein VIP-Ticket war natürlich teurer als die normale Karte) hat man ihm Gott sei Dank seit einigen Jahren erspart.

Nun gibt es also auch die Autogramme nach den Konzerten nicht mehr – verständlich und absolut okay. Aber ich persönlich habe es immer genossen, diese halbe Stunde noch in der Halle auszuharren, um einfach nach dieser Gefühls-Achterbahn im Konzert einfach durchzuatmen. Ich fand das immer schön, wenn ich mich in der Halle in eine stille Ecke setzen konnte, noch einmal das Konzert für mich Revue passieren zu lassen. Während einige Fans eben an der Bühne noch auf Udo Jürgens und seine Autogramme warteten. Dies ist jetzt nicht mehr möglich. Da Udo nicht mehr kommt, wollen die Ordner schneller aufräumen, früher Feierabend haben. Und genau deswegen werden die Besucher nun so schnell wie möglich aus der Halle gebeten – manchmal heftig geworfen. Sogar Udos Betreuer waren in Hannover vor den Ordnern nicht sicher. Viele Ordner haben sich einfach unverschämt benommen – das wäre im Sinne vieler Udo-Fans sicher verbesserungswürdig.

Der zweite Kritik-Punkt ist für mich einer, den ich ansprechen möchte, weil ich nach einer für mich plausiblen Erklärung suche. Der Verlierer heißt für mich „Playback“ und bezieht sich auf das letzte Stück im ersten Konzertteil. Die Filmmusik-Zusammenstellung – wunderbar mit tollen Soli und tollem Klang. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass ein Playback untergelegt wurde, vielleicht um einen „fetteren“ Sound zu bekommen. Schließlich ist kein Symphonieorchester auf der Bühne, sondern nur das rund 20-köpfige Pepe-Lienhard-Orchester. ABER, DIE HABEN DOCH SCHON GANZ ANDERE SYMPHONISCHE GESCHICHTEN MIT UDO GESPIELT ! Ich erinnere nur an die „Krone der Schöpfung“ 2000/2001 – das ging doch auch. Warum war denn hier kein Live-Arrangement alleine mit der Band möglich ?

Ich weiß, dass Kritik immer gefährlich ist und man schnell als „Meckerbolzen“ abgestempelt wird. Aber wer mich kennt, sollte inzwischen wissen, wie sehr ich Udo Jürgens schätze und mag. Dass ich ganz bestimmt keiner dieser Nörgelfatzkes bin. Und trotzdem kann man doch sicher Dinge ansprechen, die auffallen und die für Udo Jürgens sonst schlicht „ungewöhnlich“ sind. Denn Udo ist immer Live-Musiker gewesen und hat sich immer gegen Playback jeder Art ausgesprochen. Warum also hier ? Die Soli wurden live gespielt – keine Frage. Die Musiker waren auch in den 12 Minuten „in action“, aber warum musste man unbedingt vom Band Verstärkung reinmischen ?

Kritik Nummer Drei geht an Udo Jürgens selbst und ist nicht ganz ernst gemeint: Es ist wirklich eine gnadenlose Unverschämtheit, dass das Konzert nach 3 wunderbaren Stunden ein Ende finden musste…aber ernsthaft, lieber Udo, großes Kompliment, noch größeres „Dankeschön“ und ein herzliches „bis bald“.

PS.: Noch eine Bitte an Euch, liebe Leser: Wenn Euch dieser Eintrag gefallen hat oder Ihr Kritik äußern möchtet, schreibt doch einfach einen Kommentar. Ich freue mich wirklich über jede noch so kleine Reaktion. So käme hier ein wenig mehr Leben in den Laden und vielleicht kommt eine wirkliche Diskussion zustande. Zudem freue ich mich einfach, wenn ich erfahre, wer meine Zeilen liest und vielleicht auch ein wenig mag. Danke, Euer Tom.  🙂

PPS.: Die Udo-Jürgens-Tournee wird übrigens mit 16 weiteren Konzerten im Oktober/November fortgesetzt. Ich hoffe sehr, dass UJ sich bis dahin gut erholt. Immerhin hat er von Anfang Februar bis Ende März 35 Konzerte gespielt – jeweilse 3 Stunden auf den Bühnen gestanden. Diese Konzerte sahen rund 250.000 Besucher, die Hallen waren weitgehend ausverkauft. Und Udo Jürgens geht nach wie vor zum größten Teil in die Riesenhallen – wobei zum Glück zwischendurch auch kleinere Hallen wie die Arena Leipzig nicht vergessen werden. Dort ist immer eine ganz besondere Stimmung.

Noch kurz ein Hinweis an die Leute, die Udo Jürgens noch nie live auf der Bühne erlebt haben. Macht es mal. Geht mal hin, besucht mal eines seiner Konzerte. Macht dann aber nicht den Fehler, Euch in die ersten 5 Reihen im Parkett zu setzen – es sei denn, Ihr seid hartgesotten und es macht Euch nichts aus, wenn die Fans im zweiten Konzertteil vor Eurer Nase Party feiern. Denn bei UJ wird im Laufe des zweiten Konzertteils die Bühne „gestürmt“. Gut sind immer die Plätze so hinter Reihe 4 bis 5 – die könnt Ihr bedenkenlos nehmen. Da ist auch der Sound prima und Ihr könnt gut sehen. Auch die Plätze an den Seiten sind empfehlenswert. Da habt Ihr fast sogar den besten Überblick über die Bühne. Das war es nun aber wirklich. Freue mich auf Euer Feedback und auf vielleicht ja viele Diskussionen hier.


Udo Jürgens on Tour oder „Der ganz normale Wahnsinn“

Ihr Lieben,

seit Anfang Februar ist er wieder „on the road“. Udo Jürgens steht mit seinen 77 Jahren wieder auf den Bühnen, die sein Leben bedeuten. Das Programm heißt „Der ganz normale Wahnsinn“ und das trifft es ja eigentlich auch. Denn, was dieser Mensch in seinem Alter da noch auf die Beine stellt, ist definitiv „Wahnsinn“. Ich habe das Programm in der vergangenen Woche zweimal gesehen und möchte Euch meine Eindrücke mitteilen. Ich hoffe, Ihr spürt dabei ein wenig davon, wie wichtig dieser Musiker für mich in meinem Leben war, ist und bleiben wird.

Freitag, 13 Uhr…ich gehe aus der Redaktion an der Leipziger Thomaskirche in meine wohlverdiente Mittagspause. Natürlich ertappe ich mich beim Verlassen des Senders dabei, dass ich gute Laune habe. Ich freue mich einfach auf das Konzert meines Lieblingssängers in Leipzig. Dabei hatte ich ihn erst einige Tage vorher in der Münchener Olympiahalle gesehen. Mir war klar, dass dieser Münchener Abend durch nichts mehr zu toppen sein könnte. Zu gut war Udo Jürgens in diesen 3 Stunden von München auf der Bühne der ausverkauften Halle. Zu emotional war dieses Konzert, denn ein Teil seiner Familie und viele Freunde des Künstlers waren in der Halle. Und wenn man dann das Lied „Mein Bruder ist ein Maler“ singt und eben jener Bruder einige Reihen vor der Bühne sitzt, dann ist das schon sicher auch für einen Udo Jürgens noch ein besonderer Moment. Ich erinnerte mich beim Gang in die Mittagspause noch einmal an die Stunden von München.

Dieses neue Tourprogramm hat so viele besondere Momente. Schon der Auftrittssong „Noch 3 Minuten“ packt, denn Udo singt aus dem Off vom Lampenfieber eines Künstlers vor dem Gang ins Scheinwerferlicht. Dass sich der Vorhang genau passend zum Text dieses älteren Udo-Liedes hebt, ist klar. Der Sänger tritt auf, tänzelt über die Bühne und singt die letzte Strophe des Songs…“nun steh ich draußen…“,
Und bei der Textzeile „ich glaub, ich fliege“ hebt Udo Jürgens zum ersten Mal seine Stimme, kommt in die Höhen, trifft diese Töne spielend, so dass aus dem „Fliegen“ ein „Fliiiiiiieeeeeeeeegen“ wird und ich auch in Reihe 34 spüre, wie dieser Mensch dort vorne jetzt gerade für sein Publikum abheben möchte.
Er hebt in der Tat ab und nimmt seine Zuschauer mit. Auf eine Reise durch sein Leben, wobei er wie immer zunächst einmal nicht auf seine „Kracher“ setzt, sondern auf die neuen Lieder seines aktuellen Albums. Die sind perfekt umgesetzt und arrangiert – das Orchester Pepe Lienhard trägt den Künstler, er kann auf seine Musiker bauen.
Die Band spielt auf einem Top-Niveau, wie immer. Solisten wie die überragende russische Violinistin Asya Sorshneva oder der französische Gitarrist Francis Coletta, Bläser vom allerfeinsten und mit „The Voices“ mal ein echter Background-Chor, der eben nicht nur „lalala“ trällern kann, wie Frontman Udo stolz verspricht. Ja, was „The Voices“ zusammen mit Udo Jürgens bei der Kombination aus „Come fly with me“ und „Flieg mit mir“ machen, hat Format, klingt phantastisch und „anders“.

Asya Sorshneva ist auch noch einige Worte wert. Eine junge Russin, die schon manchen Nachwuchspreis in ihrem Land gewonnen hat. Udo Jürgens sagt, seine guten Kontakte zur Klassikszene hätten geholfen, sie für diese Tournee zu gewinnen. Und ich muss ehrlich sagen, sie ist eine Bereicherung für das Konzert und gibt manchen Momenten eine neue Klangfarbe. Wer „Glut und Eis“ im Original mit der von Christian Fink damals gespielten Violine kennt und nun diese junge Musikerin zum Vergleich live hört, wird von ihr begeistert sein. Ich kann das nur als Laie beurteilen, denn natürlich höre ich nicht raus, wer den Bogen jetzt besser streicht und seine Violine schulmäßiger zu spielen in der Lage ist. Aber ich kann beurteilen, was ich selber sehe, höre und fühle – und kann nur empfehlen, Asya Sorshneva mal live spielen zu sehen. Udo Jürgens sagt, sie werde schon sehr bald eigene Klassikkonzerte spielen und habe auch dank ihrer Bescheidenheit eine große Karriere vor sich.

Der erste Konzertteil endet mit einem 12-minütigen Zusammenschnitt aus „Der Mann mit dem Fagott“. Ein Spielfilm über das Leben von Udo Jürgens und seiner Familie, der im September gesendet wurde, viel Lob und ein „Bambi“ erntete und auf dem gleichnamigen Buch basiert. Im Konzert zeigt Udo Jürgens auf der Videowand hinter der Bühne die Highlights aus dem Film, das Orchester spielt dazu (an manchen Stellen verstärkt durch die Filmmusik vom Band), Udo singt natürlich den „Mann mit dem Fagott“ und Asya Sorshneva spielt wunderbare Violinen-Teile.
In München hat dieser Filmmusik-Part bei mir nicht ganz funktioniert. Das hat zwei Gründe: Für mich war die Bühne dabei zu sehr abgedunkelt – ich konnte nicht erkennen, wie die Musiker spielen, arbeiten. Der Fokus lag für mich etwas zu sehr auf dem Film im Hintergrund. Wobei mir natürlich klar ist, dass das anders kaum lösbar gewesen wäre. Ich glaube aber auch, dass ich in Reihe 34 zu weit von der Bühne weg saß. Dazu später noch etwas mehr, wenn ich noch kurz auf das Konzert in Leipzig eingehen werde.

Im zweiten Konzertteil spielt Udo einen mitreissenden Mix aus „Alt und Neu“, wobei er dann nach rund 2 Konzertstunden so langsam den Dreh zu eben jenen „Krachern“ findet, die ich weiter oben schon erwähnt hatte. Die Dinger, für die Du ihn nachts wecken kannst…und er spielt sie sofort. Also: „Sahne“, „Ehrenwertes Haus“, „New York“, „66 Jahre“, „Was ich Dir sagen will“ und so viele mehr. Manche spielt er aus, manche verpackt er elegant in Medleys oder semmelt sie ins berühmte Bademantel-Finale an den Schluss.

Für mich war „München“ ein großartiges Konzert. Das lag zum einen an der überragenden Leistung von Udo Jürgens (und dem Orchester) auf der Bühne, aber es lag auch am Publikum. Denn, was die Menschen in der Olympiahalle vor allem im zweiten Teil an Stimmung, Emotionen und auch Gefühl lieferten, war sensationell. Ich finde, ein Publikum ist nur dann gut, wenn es ein Fingerspitzengefühl entwickelt. Und genau das habe ich in München gespürt. Klar standen alle auf, als Udo seine Hits anstimmte, klar tobte dann der Bär in der Halle. Aber dann war auch sofort wieder Disziplin spürbar, es wurde mucksmäuschenstill und alle setzten sich wieder, wenn Jürgens oben zwischendurch einen langsamen oder nachdenklichen Song einschob, wie eben „Was ich Dir sagen will“ oder das wunderbare „Am Ufer“. Ich habe in einer so großen Halle selten ein Publikum gesehen, das dermaßen sensibel reagierte…und damit dem Künstler natürlich zeigte, „hey, wir mögen und verstehen Dich und wir können auch still lauschen, wenn es nötig ist“. Für mich einer der beeindruckendsten Momente des Konzertes fand kurz vor Schluß statt…Udo setzte sich auf sein Klavierstühlchen, schaute in die begeisterte und ihm zujubelnde Menge und schüttelte ungläubig den Kopf. Er war sichtlich bewegt, vielleicht auch überwältigt von Emotionen, denn er erzählte, dass ihn hinter der Bühne seine Enkel mit Handtüchern und Tee erwartet hätten…

Das Konzert begann um kurz nach 20 Uhr – der letzte Ton des Bademantel-Finales war um Punkt 23 Uhr verklungen. Ich war noch lange nach dem Konzert „baff“. In all den Jahren habe ich so viele grandiose Konzerte von Udo Jürgens gesehen, aber ich muss ehrlich gestehen, dass ich von diesem Konzert in München überwältigt war und immer noch bin.
Und so ging ich beschwingt in meine Leipziger Mittagspause, denn am Abend würde ich es ja wieder erleben können. Zum zweiten Mal auf dieser Tournee. Es war kurz nach 13 Uhr, ich überlegte kurz, was wohl jetzt Musiker und Udo Jürgens gerade machen. Sind sie schon in Leipzig ? Vielleicht auch jetzt gerade in der Stadt. In dem Moment schaue ich in einem Leipziger Cafe durchs Schaufenster. Wen sehe ich da gemütlich sitzen und mit den Händen gestikulieren ? Udo Jürgens mit einem seiner Begleiter im Gespräch. Ich konnte es kaum fassen, mein Lieblingssänger „greifbar“ – der Mann, dessen Arbeit ich seit nun mehr als 25 Jahren so intensiv und mit so viel Sympathie verfolge. Telefoniert hatten wir schon, aber persönlich waren wir uns noch nie so nahe. Ich schaute noch einmal unauffällig durchs Schaufenster – nur nicht auffallen, er soll doch nicht merken, dass…er soll doch einfach sein Privatleben leben können und darf sich nicht gestört fühlen – Gedanken. Oder sollte ich doch einfach ins Cafe gehen und…nein, das kam für mich nicht in die Tüte. So sah ich ihn Minuten später noch mal durch die Fußgängerzone schlendern – er kam mir entgegen. Ich hätte ihn nur ansprechen müssen, vielleicht hätte er sich sogar an meinen Namen erinnert – wer weiß ? Ich habe es nicht gemacht, weil ich diese Privatsphäre respektieren möchte. Weil ich finde, dass auch ein bundesweit bekannter Künstler das Recht haben muss, auch mal ungestört durch eine Fußgängerzone zu laufen. Einige Passanten dachten anders, die BILD-Zeitung auch, die aus seinem Spaziergang gleich eine Foto-Story machte…

Das Konzert in der Leipziger Arena wenige Stunden später war nicht ganz so emotional wie in München. Es wäre auch vermessen gewesen, eine ähnlich emotionale Stimmung und ein entsprechend grandioses Konzert nun auch in Leipzig zu erwarten. Dazu war das Leipziger Publikum irgendwie zu „schlapp“, nicht feinfühlig genug. Udo Jürgens gab auf der Bühne sein Bestes, wie immer. Entsprechend war es ein Klasse-Auftritt, er wurde umjubelt und sogar der „Fagott-Teil“ (Ihr erinnert Euch) kam bei mir besser an als noch in München. Ich saß näher an der Bühne, die für mich aus dieser Position nicht so abgedunkelt erschien wie noch einige Tage zuvor in Bayerns Landeshauptstadt. Vielleicht hatte ich mich auch einfach nur an den „Kino-Effekt“ gewöhnt und ließ den Jungs und Mädels da oben auf der Bühne eine faire Chance. Und so wurde auch für mich nun sogar noch der „Fagott-Teil“ zum Highlight.

Ihr merkt, ich bin mal wieder im Udo-Fieber. Ich habe rund 40 Grad Temperatur, aber ich leide nicht und ich bin auch nicht in Lebensgefahr. Im Gegenteil – Udo-Fieber macht Spaß, beschwingt, bringt Mut und neue Lebensfreude. Ich habe in beiden Konzerten wieder einmal gespürt, wie sehr ich diesen Musiker dort auf der Bühne mag und wieviel mir seine Musik bedeutet. Manche Lieder habe ich in schwierigen Phasen meines Lebens gehört, manche haben bei mir Stimmungen ausgelöst, die kein anderer Interpret zu erzeugen vermochte. Klar, Udo Jürgens hatte immer großartige Texter – aber er hat es auch immer verstanden, die Themen in den Texten entsprechend musikalisch und gesanglich umzusetzen. Wir haben in Deutschland keinen anderen Künstler, der diese Klasse und diese Geschichte hat. Udo Jürgens ist und bleibt einzigartig. Als Komponist, als Musiker, als Entertainer, als Vollprofi, der als Prominenter auch Mut hat, unbequeme Meinungen zu vertreten – auch noch mit 77. In seinen Konzerten fühlt man sich wohl. Ich spüre jedes Mal aufs Neue, dass mir diese Abende sehr viel geben. Und es ist schön zu sehen, dass er offensichtlich Freude an dieser Tour hat. Leipzig wird nicht mein letztes Konzert bleiben…

Auf bald, Udo !!