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Warum ich Klaus Hoffmann so schätze

Ihr Lieben,

das ist eine Frage, die ich mir schon einige Zeit stelle. Eigentlich immer, wenn ich gerade frisch aus einem seiner Konzerte komme. Ich bin dann wieder für eine Weile infiziert, muss einige seiner Live-CD´s hören, muss mich weiter verzaubern lassen von diesem Alleskönner. Aber, was um Gottes Willen steckt denn hinter diesem Zauber?

Ich bin ja nun wahrlich kein Alltime-Hoffi-Jünger. Erst die „Sänger“-CD aus dem Jahr 1993 hat mich so langsam zu ihm getrieben. Klassisch – Song im Radio gehört, vielleicht war es „Wegen Dir“, darauf aufmerksam geworden, an das Hörerlebnis beim nächsten Besuch eines Plattenladens erinnert, CD gesehen, gekauft, gehört, für „okay“ befunden. Aber ich weiß noch, dass ich jetzt nicht wirklich zu 100 Prozent überzeugt war. Irgendwann kamen dann die „Insellieder“ und dann das erste Konzert. Mit einem Berlin-Besuch hatten wir es verbunden, im Theater am Kudamm ging die Show über die Bühne. Was soll ich sagen – es war grandios. Diesen Meister der Bühne live zu erleben, ist ein Vergnügen. Er ist Schauspieler, Sänger, Entertainer, Nachdenklichmacher, Melancholiker, der beste deutsche Brel-Interpret und ein glänzender Musiker, der es versteht, ein Programm auf den Punkt zusammenzustellen. Er lebt von diesem gemischten Können, er liebt die Improvisation, er existiert auf der Bühne als wäre das sein zweites Wohnzimmer.

Wenn Ihr nur mal seine Augen beobachtet, seine Gesten, seine Mimik, seine Bewegungen. Wie er manchmal in Zeitlupen-Bewegungen verfällt, wie er seine Lieder durchlebt und darstellt – unnachahmlich. Ja, er erzählt oft und immer wieder aus seiner Kinderzeit und stellt oft genug auch dieses Kind in seinen Gesten und vor allem mit dem Gesicht dar. Die Kinder-und Jugendzeit in Berlin, die er immer noch zu verarbeiten scheint. Der frühe Verlust des Vaters, als er 10 war. Verdammt, ich war 15, als mein Vater starb. Und für mich war das ein derart heftiger Einschnitt, dass ich oft genug im Hoffmann-Konzert sitze und diesen Menschen dort auf der Bühne verstehen kann. Ich meine, ich nehme ihm das ab, was er darstellt, danach empfunden hat und ich spüre, dass er zwar im Moment sicher ein Schauspieler bei der Arbeit ist, aber ich kann auch eine gewaltige Authentizität wahrnehmen. Und das ist sicher ein Punkt, der mich immer wieder zu ihm treibt. Seit diesem ersten Konzert am Kudamm.

Aber sind wir im Publikum alle „Verlassene“ und sind wir ihm deswegen so verfallen? Klar, wenn ein Elternteil stirbt, ist das natürlich ein ungemein einschneidendes Erlebnis. Ich bin ehrlich, ich hätte sicher psychologische Hilfe gebraucht, aber das Leben musste ja weitergehen. Wir mussten ja auf unsere Mütter aufpassen, wir „Halbwaisen“. Bei mir ging die Schule nach gut einer Woche „Auszeit“ wieder weiter und ich weiß noch, dass ich so tat, als ob nichts wäre. Ich spielte den „starken Tom“, auch als Mitschüler auf mich zukamen und sagten, wie leid es ihnen täte. „Ja, schon gut, danke“. Nichts war gut. Der ganz große Halt war weg, der Ober-Indianer, ein Vorbild für mich, der Mensch, der mich zum Fußball brachte und damit auch verantwortlich dafür war, dass ich das Leder zu meinem Beruf machte. Ja, er war der Erste, der ertragen musste, wenn ich aktuelle Ergebnisse und Tore loswerden wollte – ob er sich überraschen lassen wollte oder nicht, war mir doch egal. „Du, ich sags Dir nicht gerne, aber für Düsseldorf sieht es gar nicht gut aus – achja, Du wolltest ja auf die Sportschau warten, aber die Bayern führen – Gott sei Dank.“ Reporter-Anfänge. Er war mein erster Zuhörer…

Ja, manche Konzertbesucher könnten sich wahrscheinlich mit ihren Verlustgeschichten neben „Hoffi“ auf die Bühne stellen und auch zu erzählen beginnen, aber er macht das viel besser und stellvertretend für uns alle. Darüberhinaus spricht er uns aus der Seele, wenn er von seinen Ausbrüchen aus seinem (Berliner) Kindheits-und Jugendleben in die weiten Welten der Phantasie und anderer Länder erzählt. Und dann natürlich, wenn Klaus Hoffmann von der immer wiederkehrenden Sehnsucht nach der Heimat und der Rückkehr spricht und singt.

Also sehen wir in diesem wunderbaren Erzähler und Sänger einfach einen Menschen, der uns den Spiegel vorhält? Einen Typen, in dem wir uns wiederfinden? Vielleicht auch ein Vorbild? Motto: „Wenn der das geschafft hat, schaffe ich das auch.“ HAT er es denn geschafft? HAT er all diese Verluste und die damit verbundene Angst vor weiteren und die Selbstzweifel überwunden? Ich glaube, wenn er wirklich einigermaßen authentisch auf der Bühne ist, verarbeitet er seine kleinen, großen Problemchen, indem er drüber singt und redet. Immer noch. Und wir, indem wir ihm zuhören, lauschen und einiges von dem mitnehmen, was er dort erzählt.

Wir finden uns wieder in diesem „Liedermacher“. Und, wer nicht ein wenig in Hoffmanns Erzählungen Parallelen zu seinem eigenen Leben ausmacht, der findet seine Auftritte einfach nur schön, melancholisch, lustig, nachdenklich, traurig und zum Schreien komisch. Dieser Mix macht Klaus Hoffmann auch aus. Und das Talent, aus diesen vielen unterschiedlichen Farben ein Mosaik auf die Bühne zu basteln, das bunt und einfach nur schön ist. Zudem der Umgang mit dem Publikum. Liebevoll, selbst-ironisch, frech, dankbar, spielerisch, selbstbewusst und doch spürbar auch nach Anerkennung flehend. Hoffmann ist Hoffmann. Wenn es ihn nicht gäbe, müsste man ihn erfinden. Hoffentlich gibt es ihn noch sehr lange…

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